Ein Gruß aus Griechenland

Griechische Heilkräuter in Katerina
koinoniki kouzina allilengiis
Mitten in der Stadt, neben der Wohnung meiner Mutter – Kouzina heißt Küche. In dieser „Küche“ bekommen Bedürftige kostenlos Lebensmittel.

Mein Urlaub in Griechenland geht zu Ende. Schon sehr bald fängt mein deutscher Alltag an. Wie immer fällt mir der Abschied schwer. Die Tage sind so wahnsinnig schnell vergangen. Wieder habe ich fast nichts von meinen Plänen verwirklicht. Wieder bin ich aus Nord-Griechenland nicht rausgekommen. Es war wunderschön und es war ein sehr besonderer griechischer Sommer. Eigentlich wollte ich euch wieder zeigen, was ich aus Griechenland mitbringen werde. Das werde ich auch in einem nächsten Blogpost machen. Gekocht habe ich gar nichts… aber ich habe selbst Filo ausgerollt. Ging sogar gut. Es wird also bald Pita mit selbst ausgerolltem Filoteig geben.

Aber dieser Sommer ist besonders. Ich wollte meinen Foodblog frei halten von der Krise. Das geht nicht. Schon die letzten Beiträge fielen mir schwer. Diese Krise ist allgegenwärtig, nicht zu übersehen und nicht zu überhören. Nicht für mich. Die (finanz-)politische Dimension möchte ich hier außer Acht lassen. Ich möchte euch von den Menschen und dem griechischen Alltag erzählen. Zumindest das, was ich als Außenstehende wahrnehme.

Am Meer

Meine ersten Tage in Griechenland habe ich am Meer verbracht. Irgendwann möchte ich in einer Stadt am Meer wohnen. Das Meer beruhigt mich und ich habe Stunden damit verbracht einfach nur aufs Wasser zu schauen, vom Strand aus und von meiner Terrasse in einem Urlaubsort im Norden Griechenlands. Zum Osten hin das Meer, nördlich der Olymp und westlich der Kissavos. Ein schönes Fleckchen. Das Hotel (ihr findet ein Foto auf der rechten Sidebar) wird von einer sehr netten Familie betrieben. Das Meer ist dort wunderschön, vielleicht etwas flach, man muss weit rausschwimmen, um keinen Boden mehr zu fühlen. Kaum zu glauben, dass ein paar Kilometer entfernt sich ganze Dramen abspielen und so viele Menschen auf ihrer Flucht dort stranden. Es ist nicht das erste Jahr, jetzt sind es so jedoch viele, dass wir endlich hinschauen müssen. Auch darüber haben wir im Hotel gesprochen und über die fehlenden griechischen Gäste, die sich den Urlaub nicht leisten konnten. Zum Glück waren die deutschen Stammgäste da.

In der Stadt

Zurück in Katerini habe ich meine Streifzüge durch die Stadt gemacht. Ich liebe es in irgendeine Richtung zu laufen (meist verlaufe ich mich) und mir die ganz normalen Wohngegenden anzuschauen. Wieder sind Läden umgezogen, kleine Geschäfte sind nicht mehr da und Läden, die schon letztes Jahr in 1A-Lage zum Verkauf standen sind auch dieses Jahr immer noch zu haben. Im nächsten Jahr mit Sicherheit auch. Meine Mutter wohnt sehr zentral. 1B-Lage würde man wohl dazu sagen. Direkt in der Nachbarschaft hat wieder ein Laden zugemacht. Allerdings hat kein neues Geschäft aufgemacht. In den Räumen werden jetzt regelmäßig Lebensmittel an Bedürftige verteilt. Davon gibt es mittlerweile einige im gesamten Stadtgebiet. Die Menschen rücken zusammen schon immer waren die Familenbande stark. Jetzt sind sie für viele eine Frage des Überlebens. Und ich übertreibe nicht. Ständig habe ich gehört, dass jemand mit seiner Rente, erwachsene „Kinder“ und deren Familien unterstützen muss. Renten, die jetzt gekürzt werden, wiederholt.

Überhaupt die griechischen Supermärkte. Im Juli musste ich in Deutschland hören, dass man doch von 60 € am Tag prima leben kann. Nun es waren 50 €. Wenn ich durch die Regale eines griechischen Supermarkts laufe, dann frage ich mich schon, wie viele hier nicht mehr einkaufen können. Viele Dinge des täglichen Bedarfs sind hier im Vergleich zu Deutschland teurer, Milch, Käse, Waschmittel, Hygieneartikel, sogar Obst und Gemüse der Saison. In diesen Supermärkten kann man Einkäufe für diejenigen spenden, die sich nichts mehr leisten können.

Gleich am zweiten Tag musste ich übrigens zum Steuerberater und zum Finanzamt. Mir gehört nämlich ein Fünftel einer Wohnung. Als ich die neue Steuer für die Wohnung zusammengerechnet hatte, dachte ich, na ja das geht ja noch. Das war die Steuer rückwirkend für 2013. Wenn ich an meine Bekannten denke, dann weiß ich, dass das für alle eine Herausforderung sein wird. Bei den Eigentümerversammlungen des Hauses geht es im Winter immer häufiger darum, dass an warmen Tagen nicht geheizt werden soll oder nur ein paar Stunden am Tag. Es ist der griechische Mittelstand.

Hier komme ich mit wildfremden Menschen schnell ins Gespräch. Und immer wirklich immer war die Krise ein Thema. Oft wurde ich gefragt, was denn die Deutschen über die Griechen jetzt denken. Stärker noch als im letzten Jahr spüre ich Ratlosigkeit und Hoffnungslosigkeit. Manchmal auch etwas Trotz. Cousinen, die sich nie vorstellen konnten außerhalb Griechenlands zu leben, fragen sich, ob ihre Kinder eine Zukunft in diesem Land haben. Sie widersprechen nicht, wenn die Kinder ein Studium ablehnen. Es gibt nun mal keine Sicherheit.

Vom Gesundheitssystem will ich jetzt gar nicht anfangen. Und von vielen anderen Dingen auch nicht, dieser Beitrag würde unendlich lang werden. Mir sind bei meinen Spaziergängen sehr viele neue kleine Geschäfte mit traditionellen Produkten und Bio-Produkten aufgefallen. Hier in Katerini kann man an fast jeder Ecke Heilkräuter kaufen. Viele kenne ich gar nicht. Die Menschen greifen wieder zu Kräutern, um sich gesund zu halten oder sich zu heilen. Das sagt schon viel aus. Unsere Nachbarin, die eine Apotheke gegenüber betreibt, möchte sich auch mit Heilkräutern befassen. Einige ihrer Kunden können sich Medikamente nicht mehr leisten. Alle müssen gesund bleiben. Auch ich habe mich eingedeckt. Womit zeige ich euch demnächst.

Außerdem sind mir unglaublich viele tolle Produkte, von kleinen Familienbetrieben aufgefallen: Honig, Olivenöl, Joghurt, Käse, Urgetreide, Marmeladen und Pasten, Gewürze und Tees. Ich wünsche diesen kleinen Betrieben viele Käufer. Und ich wünsche Griechenland in der nächsten Urlaubssaison viele Gäste. Es ist nämlich verdammt schön hier.

Im Dorf

Hier ein paar Impressionen vom Bergorf meiner Eltern, am Fuße der Pieria-Gebrige. Das Dorf heißt Ritini. Bei klarer Sicht ist das Meer zu sehen, Halkidiki und sogar Thessaloniki. Nachts kann man die Schiffe im Hafen von Thessaloniki erkennen. Und der August-Vollmond hat sich im Meer gespiegelt.

 

 

 

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7 Kommentare

  1. Ein sehr schöner, wenn auch eindrücklicher und nachdenklich stimmender Beitrag. Danke dafür. Die Krise ist zwar allgegenwärtig, aber trotzdem denke ich, können wir Mitteleuropäer das eigentliche Ausmass kaum wahrnehmen und uns vorstellen, wie sich die Menschen im Land selbst fühlen. Trotzdem, mich hat es gerade ungemein ermutigt, endlich mal wieder Urlaub in Griechenland zu machen. Mir, den Menschen dort und dem leckeren Essen zu Liebe.

  2. Ich bekomme Sehnsucht nach Griechenland – vielen Dank für Deinen eindrucksvollen Post.
    Liebe Grüße Birgit

  3. Wunderschöne Fotos aus Griechenland! Vielen Dank für Deinen Gruß!

    Ich erkenne in Deinen Beschreibungen auch einiges aus Italien wieder: die leer stehenden Geschäftsräume in guten Lagen, die Rentner, welche die Familien ihrer Kinder mitversorgen. In unserem Supermarkt werden auch regelmäßig Nahrungsmittelspenden gesammelt.

    Gerade deswegen ist es wichtig, dass die Touristen in den südlichen Ländern nicht wegbleiben. Das ist nur ein kleines Standbein der Gesamtwirtschaft, aber ernährt Viele.

  4. Wir haben ähnliche Erfahrungen während unserer Urlaube in Griechenland gemacht: Es ist eine für Außenstehende nicht sichtbare Krise und das ist für den so wichtigen Tourismus gut. Kefalonia war voll, Santorini platze auch Mitte September noch aus allen Nähten. Dank des Euro Kurses kamen viele Amerikaner nach Santorini, Athen, Mykonos… Sobald man aber mit Freunden, Bekannten und der Familie spricht, spürt man ihre (das hast Du vollkommen richtig geschrieben): Ratlosigkeit und Hoffnungslosigkeit.

  5. […] mein deutscher Alltag. Mental bin ich allerdings noch nicht so ganz hier angekommen. Ich hatte ja versprochen, meine Mitbringsel aus Griechenland zu zeigen. Endlich komme ich jetzt dazu.  Es ist wieder viel […]

  6. Ich komme auch aus Ritini in Griechenland.

    1. Was für ein Zufall 🙂 Ich kenne viele, deren Nachnamen mit diesen 6 Buchstaben beginnt. Manche sogar sehr gut.

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